Sommer-Fotos und Gedanken – Teil 9

SEELEN.NAHRUNG.

Un café au lait & un rocher de coco…was habe ich die früher als Kind geliebt 😋💛. Wenn ich einen dieser „Kokosfelsen“ vom Bäcker bekommen habe, war das für mich das Größte. Und heute Vormittag habe ich sie wieder entdeckt, mich erinnert und jeden Bissen genossen 😊. SEELEN.NAHRUNG.

Ich bin immer wieder verblüfft, wie Erinnerungen nicht nur mit Orten, sondern auch mit Gerüchen und Geschmäckern verbunden sind. Manchmal reicht schon ein kleiner Bissen, ein Duft oder ein Ausblick und Erinnerungen werden lebendig. Und schon steckt man mittendrin in einer kleinen Zeitreise…

Rien de grave

 „Rien de grave“ / „Nichts Schlimmees“: Selten haben drei so kleine Worte für eine so große Erleichterung gesorgt. Heute konnte meine Seele auftanken und ich habe sie gefüttert: mit Sonne, Meer und leckerem Essen.  Nachdem die Eis-Therapie nicht die gewünschte Wirkung gezeigt hat, probiere ich es nun mit der Essen-gehen-Therapie 😃.

Und vielleicht ist das am Ende die beste Therapie: sich selbst immer wieder kleine Genüsse zu schenken – ein gutes Essen, ein Sonnenstrahl, ein Blick aufs Meer – und sich dabei dankbar bewusst zu machen, wie viel Kraft in diesen Momenten des Genießens steckt.

Spuren der Gechichte

Sie erinnern an ein dunkles Kapitel der Geschichte: die Betonbunker am Atlantik, errichtet von deutschen Truppen während des Zweiten Weltkrieges, um eine Landung der Alliierten zu verhindern. Standen sie ursprünglich auf den Dünen, liegen die meisten von ihnen heute – durch die Wanderung der Dünen landeinwärts – umgekippt am Strand oder im Wasser, gezeichnet von Wind und Wellen. Und übersät mit bunten Graffitis. An ihrer Seite finden Strandgänger ein schattiges Plätzchen, Kindern dienen sie als „Forschungsobjekte“ und häufig sieht man Angler in ihrer Nähe, denn die Bunker sind im Laufe der Jahre für viele Meerestiere zu einem künstlichen Riff geworden.

Ich finde es gut, dass sie noch da sind, Geschichte sichtbar machen und erinnern. Und gleichzeitig aber auch Symbol für etwas Neues sind, Raum für Begegnungen und Leben schaffen. Und durch die Graffitis einen bunten und positiven Anstrich bekommen haben.

Zeichen des Himmels

Heute war keine Leichtigkeit. Nur Regen, graue Wolken und trübe Stimmung. Ein herausfordernder Tag. Und dann blicke ich abends aus dem  Wohnmobilfenster und staune nicht schlecht: Da sind Farben, die es heute eigentlich gar nicht geben kann. Aber genau zum richtigen Zeitpunkt sind sie da. Wie ein Zeichen des Himmels in meinen Tag gestreut. Als ob mich jemand auffordern würde, den Blick zu heben, um all das Schöne um mich herum zu sehen und wahrzunehmen: „Garde la tête haute.“ Immer schön den Kopf oben behalten 😉…  „sinon tu ne verras pas les étoiles.“

Zeit zum Abschied nehmen

Manche Abschiede schleichen sich an und sind plötzlich da: ein letztes Mal Sonnenuntergang in Soulac/Amélie-Plage. BITTER.SÜẞ.

Schon wieder fließen so viele Tränen – ich weiß gar nicht, wo die alle herkommen. Dieser Ort ist mir so vertraut geworden – und ich fühle mich so zerrissen: Auf der einen Seite sind da diese Schmerzen und die Hilflosigkeit und auf der anderen Seite die Hilfsbereitschaft und Unterstützung von so vielen. Auch meinen Eltern habe ich mich hier noch mal ganz nahe gefühlt – und sie zugleich ganz furchtbar vermisst.

Übermorgen geht die Reise weiter, und ich weiß, dass es gut ist, jetzt loszulassen. Vielleicht war es deshalb so wichtig, heute noch einmal den Sonnenuntergang zu sehen und mich bewusst zu verabschieden. Plötzlich erscheinen mir die Lichtpunkte auf dem Wasser wie eine Straße zum Himmel – oder vom Himmel zu mir und ich spüre nicht mehr nur Wehmut, sondern auch eine neue Energie.

AUFBRUCHS.STIMMUNG.

Bruno, Hildchen und ich… wir sind bereit. Bereit zum Aufbruch. Wir haben ein bisschen mehr Gepäck dabei als bei unserer Ankunft – innen wie außen. Bruno ist mit allerlei französischen Köstlichkeiten gefüllt 😋 und ich spüre eine Mischung aus Neugier, Aufgeregtheit, Wehmut und Dankbarkeit… Und eine leise Unsicherheit: Wird alles gut gehen? Ein bisschen ärgere ich mich über mich selbst, möchte ich diese Angst doch endlich mal für immer los sein. Aber größer als die Angst ist auf jeden Fall die Sehnsucht. Die Sehnsucht, Neues zu entdecken, neue Erfahrungen zu machen, neue Menschen zu treffen und zu schauen, was noch auf mich wartet. Und vielleicht ist genau das der Kern des Aufbruchs: dem Leben zu vertrauen, dass es viel Gutes und v.a. Lösungen bereithält.

the majority of people are Out othe ordinary

Auf dem Weg zum Meer zieht ein buntes Graffiti auf einem Schuppen meinen Blick an und bringt mich zum Anhalten: “The majority of people are out of the ordinary.” Ich muss schmunzeln. Wie gut, dass wir alle ein bisschen aus dem Rahmen fallen 😉…

Und dann denke ich an die Menschen, denen ich bisher auf meiner Reise begegnet bin. Immer wieder durfte ich feststellen, was für interessante Persönlichkeiten und Geschichten, Talente und Fähigkeiten sich hinter den Fassaden verbergen.  Jeder trägt so viel in sich. So viel Außergewöhnliches. Ja, vielleicht ist das tatsächlich die wahre Normalität: wir sind alle ein wenig Außergewöhnlich. Der Gedanke gefällt mir und so radel ich mit einem Lächeln im Gesicht weiter. Ich höre schließlich schon das Meer rufen…