ZEIT.RAUM.

Kaum hat das neue Jahr begonnen, ist die erste Woche auch schon wieder fast vorbei und ich stelle mal wieder erstaunt fest, dass das Geheimnis von Zeit und Raum ein Geheimnis bleibt 😉🕕.

Schon diese erste Woche war in vielerlei Hinsicht sehr intensiv: Es hat z.B. Spaß gemacht, wieder mit der Arbeit zu beginnen, die voll gepackt war mit spannenden Begegnungen, inspirierenden Gesprächen und vielen Plänen für dieses Jahr. Nur: Die Tage hätten auch genausogut doppelt so lang sein können, ohne dass dabei Langeweile aufgekommen wäre. Irgendwie wünsche ich mir in solchen Momenten manchmal, dem Raum mehr Zeit geben zu können.

Auch Zuhause gibt es wie immer jede Menge zu tun, was nicht nur daran liegt, dass ich einen Kopf voller Ideen und Pläne habe. Aber allein bei dem Gedanken, den Tag vor dem Computer oder mit dem Haushalt zu verbringen, sträubte sich heute morgen alles, wirklich alles in mir. Und so schnappte ich mir kurz entschlossen meinen Rucksack, um mich auf den Jakobsweg von Höxter nach Brakel zu machen. Wozu verläuft dieser denn quasi direkt vor meiner Haustür? Und irgendwie habe ich immer die Worte im Kopf: Wenn nichts geht, dann geh. Vielleicht nicht sehr vernünftig… Oder vielleicht doch 🤔?

2011 bin ich den Jakobsweg von Höxter aus zum ersten Mal gegangen, damals sogar bis Paderborn. Allerdings hatte ich da noch keine Ahnung, dass das Pilgern mal so eine Faszination auf mich ausüben würde.

Also, mobile Daten aus (eine Zeitlang möchte ich nicht erreichbar sein) und los geht’s: Der erste Abschnitt führt hauptsächlich über asphaltierte Feldwege oder befestigte Waldwege, was bei der Witterung ganz angenehm ist. Relativ zu Beginn geht es gleich steil bergauf zur Michaelskapelle auf dem Heiligenberg. Am Wegesrand immer wieder kleine Stationshäuschen, die Persönlichkeiten des christlichen Lebens zeigen: Dietrich Bonhoeffer, Adolf Kolping, Don Bosco… . Hier erfahre ich auch das letzterer der Schutzpatron der Jugend ist – kannte ich um ehrlich zu sein bis dato nicht.

Bis zum Pilgerkreuz Hainhausen begegnet mir keine Menschenseele, was mir genug Raum gibt, nichts zu tun – außer der Zeit Raum zu geben und zu gehen. Und solange ich meine Gedanken nicht auf die Wildschweine lenke, die möglicherweise hier rumstreunern, ist auch alles in Ordnung 🙈. Sicherheitshalber stelle ich trotzdem mal meinen mobilen Daten wieder an.

Und so erreicht mich kurz vor dem Pausenplatz ein Lied, das irgendwie genau hierhin zu passen scheint: „Roots“ von Martin Herzberg. Während ich meinen Tee trinke und ein Brötchen esse, höre ich es mir direkt zweimal laut an, ist ja kein Mensch hier und die kleinen Meisen scheint es auch nicht zu stören, ganz im Gegenteil, irgendwie kommen sie immer näher. Eine kleine Mini-Auszeit in der Auszeit sozusagen und ganz viel Raum für die Zeit 😍.

Das Pilgerkreuz Hainhausen gibt mir die Möglichkeit, über den Querbalken des Kreuzes einen Stein in das Kreuz selbst hineinzuwerfen und somit etwas abzugeben und dazulassen – was ich natürlich mache. Allerdings gebe ich dem ersten Stein so viel Schwung, dass er auf der anderen Seite wieder raus fällt. Über mein verdutztes Gesicht muss ich selbst herzhaft lachen, nur interpretieren werde ich das jetzt mal lieber nicht 😂.

Ich könnte gut noch länger Pause hier machen, aber dafür ist mir der Wind zu kalt und das bereitet meinen Händen mal wieder Probleme. Also geht es weiter. Vorbei am Gut Hainhausen, ein kurzes Stück entlang der Straße und dann durch eine schöne Allee in Richtung Brakel. Die letzten Kilometer laufe ich ein bisschen schneller, denn nach meiner Berechnung könnte ich so genau rechtzeitig zum Bahnhof kommen, um den Zug zurück nach Höxter zu erreichen, was auch wunderbar klappt ☺️.

Nach etwas mehr als 20 km und 540 Höhenmetern bergauf (und etwas weniger bergab) sitze ich zufrieden (und ja, auch ein bisschen stolz) im Zug und bin mal wieder erstaunt, wie Zeit und Raum verschwimmen: 5 Stunden war ich zu Fuß unterwegs, zurück mit dem Zug bin ich in 20 Minuten.

Das Mysterium von Zeit und Raum… da ist es wieder 😉.

Die Tour auf komoot: