Camino del Norte

Etappe 9 – Gernika-Lumo – Pozueta – Landotz – Goikoelexalde – Larrabetzu – Lezama – Zamudio

Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding…

An diesem Morgen – ich liege in einem irre gemütlichen Bett, bin mal wieder früh wach, mag aber auf gar keinen Fall aufstehen – bleiben meine Augen auf Facebook bei den folgenden Worte hängen:

„Manchmal frage ich mich, habe ich vor lauter Suchen vergessen zu finden? Mich zu finden und vor allen Dingen, mich gut zu finden!“ Kerstin Haug

Wer hat denn da bitteschön die letzten Tage mitgehört? Vor lauter Staunen fehlen mir die Worte und mein Herz klopft gehörig laut in meiner Brust. Denn: Ja, das hatte ich wohl vergessen. Aber ich bin froh, mich langsam aber sicher wiederzufinden und auch gut zu finden 😊.

Mit dem Sonnenaufgang über der Stadt machen auch wir uns bereit für unsere vorletzte Etappe. Ja, richtig gelesen: Die vorletzte. Ich kann es selbst kaum glauben und denke mir: Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding. Mal zieht sie sich unendlich lang dahin und ist irgendwie alles und mal vergeht sie wie im Flug und ist nichts. Die letzten Tage waren so angefüllt, so reich an Begegnungen und Momenten, dass wir doch unmöglich erst acht Tage unterwegs sein können? Andererseits: Ein Fingerschnipsen und hier sind wir. Sind wir denn nicht gerade erst losgelaufen? 🤔 Ja, die Zeit, die ist ein sonderbar Ding!

Heute Morgen fühle ich mich auf jeden Fall irgendwie anders: Der Abend gestern, die ausgelassene Stimmung, die Zuwendung meiner Mit-Pilger – all das hat mir gutgetan.

Beziehungs.Weise.

Noch während wir unsere sieben Sachen packen, erreicht uns eine WhatsApp von Stefan:

„Guten Morgen du Geschenk 🎁, wie schön, dass wir heute eine weitere Etappe auf diesem Camino del Norte gemeinsam erleben dürfen. Heute widmen wir uns der Mathematik der Liebe. Was für ein Thema und passt das überhaupt zusammen? 5:1 ist die Formel einer glücklichen Beziehung. John Gottmann, ein amerikanischer Paarforscher hat das herausgefunden und das wollen wir uns heute doch gerne mal genau ansehen. Bis gleich zum Frühstück 🥣. Ein buenos Dias, Stefan“

Oha, denke ich mir. Da ist es wieder – das Thema, das mich direkt auf der zweiten Etappe in eine kleine Krise gestürzt hat: Beziehungen. Aber heute geht es besser und die Krise bleibt aus. Ich weiß, dass die anderen jetzt wissen, was mich umtreibt, und wo meine Ängste und Sorgen liegen. Und das macht vieles leichter. Also, erstmal abwarten, was da kommt und: atmen. Meine Gelassenheit hängt sicher auch damit zusammen, dass ich mich in unserer Gruppe so angenommen und aufgehoben fühle: Ich muss mich nicht verstellen, nicht vorgeben jemand zu sein, nichts beweisen und mich nicht schämen, sondern darf einfach sein. Ja, vielleicht kommt heute etwas, das mich fordert – aber bin ich nicht auch deshalb hier und auf diesem Weg unterwegs? Ich möchte mich durch die Brille der anderen besser kennenlernen, mich weiterentwickeln und dadurch auch die Beziehung zu mir selbst stärken. Ganz schön weise Gedanken am frühen Morgen 😉.

Gut Ding will Weile haben

Inzwischen freue ich mich schon richtig auf das Frühstück, das uns heute in dem Hotel erwartet, in dem Stefan untergekommen ist. Martina lotst uns durch die Stadt – vorbei auch an einer Reproduktion des berühmten Gemäldes „Guernica“ von Pablo Picasso. Das Bild trägt den Namen der Stadt, in der wir gerade sind und die im Spanischen Bürgerkrieg massiv von deutschen und italienischen Fliegertrupps bombardiert wurde. „Guernica“ ist Picassos politisches Bekenntnis gegen den Krieg und das damit verbundene Leid. Kein leichter Einstieg in den Tag…

Ein bisschen spät sind wir inzwischen dran und Stefan wundert sich wohl schon, wo wir bleiben („Guten Morgen, wo seid ihr Hübschen denn?“) – aber gut Ding will eben Weile haben 😄.

Im Hotel angekommen, lassen wir uns das Frühstück schmecken und spielen uns dabei im Gespräch gegenseitig die Bälle zu. Leichtigkeit & Tiefe – beides geht auch ganz wunderbar zusammen. Das wird mir einmal mehr in dieser Runde bewusst. Maria oder Stefan – ich weiß nicht mehr, wer von beiden – erwähnt den Autor Gary Chapman und die „5 Sprachen der Liebe“. Das macht mich neugierig und deshalb lese ich mir später ein bisschen was dazu durch: So unterschiedlich wir alles sind, so unterschiedlich kommunizieren wir auch und zeigen uns gegenseitig unsere Zuneigung und Liebe. Laut Chapman sind die 5 Sprachen der Liebe:

Worte der Anerkennung / Geschenke & Aufmerksamkeiten / Hilfsbereitschaft & Taten / Gemeinsame Zeit / Körperliche Berührungen

Auch ohne einen Test zu machen, weiß ich, was meine Sprache der Liebe ist: „Anerkennung und Lob“. Mir fällt es leicht, anderen etwas Schönes zu sagen und ich mag es, sie wissen zu lassen, dass sie besonders sind. Aber die eigene Wertschätzung ist mir mindestens genauso wichtig und ich fühle mich bei Nichtbeachtung schnell zurückgesetzt. Nicht zuletzt dank des Enneagramms (Etappe 5) weiß ich aber auch, dass ich versuchen kann, mich unabhängiger vom Lob und der Anerkennung anderer zu machen und die Zufriedenheit stärker aus mir selbst heraus zu erhalten. Heute an Tag acht merke ich sehr deutlich, wie die Rädchen ineinandergreifen und wie mein Bild von mir Stück für Stück vollständiger wird. Ein gutes Gefühl.

Das Leben ist kein Sein, sondern ein Werden

Nachdem wir uns ausgiebig gestärkt haben, machen wir uns auf den Weg – nicht ohne eine kleine Schreck-Sekunde für mich: Eine meiner besten Freundinnen hat mehrmals versucht, mich zu erreichen und sofort mache ich mir Gedanken. Ich weiß, dass sie mich während dieser Tour nicht anrufen würde, wenn nicht irgendetwas wäre. Einigermaßen besorgt rufe ich zurück und schließlich bekommen wir uns ans Telefon. Es geht ihr gut, aber die gesundheitliche Situation der Eltern hat sich so zugespitzt, dass nun eine Unterbringung im Pflegeheim ansteht. Ein Weg, der nicht leicht zu gehen ist, und den auch meine Schwester und ich – auf Grund der Demenz meiner Mama – erst kurz vor der Reise gehen mussten. Ein Weg, der einen Abschiedsprozess einläutet und der sich zusammen viel einfacher bewältigen lässt: Ich auf jeden Fall bin froh, meine Schwester an meiner Seite zu haben und gemeinsam mit ihr Schritt für Schritt weiter zu gehen. Umso mehr schmerzt es mich, dass es bei meiner Freundin nicht so ist. Aber ich hoffe, dass ich ihr durch meinen Rückruf und mein Ohr eine kleine Stütze sein konnte.

Bevor wir die Stadt verlassen, suchen wir noch einmal den Stadtpark neben der Kirche Iglesia de Santa Maria auf, in dem wir auch schon gestern Abend den Abschluss des Tages begangen haben: Ein ruhiges Plätzchen, mitten im Gewusel der Stadt, und mit den vielen Bäumen auch angenehm schattig und kühl. Noch einmal kommt hier die Landkarte der Gefühle zum Einsatz – aber wo stehe ich heute? Bin ich an so einer Art Zwischenstation angekommen, stehe ich an einer Kraftquelle oder befinde ich mich im Endspurt? So viele Gefühle sind da in mir, dass ich meinen Standort gar nicht klar bestimmen kann. Aber ich denke, das ist ok. Heute ist Gelassenheit angesagt…

Zum Abschluss unserer kleinen Morgen-Einheit liest uns Stefan ein kurzes Zitat von Martin Luther vor, das uns alle tief bewegt. Wir stehen ganz nah beieinander und ich meine spüren zu können, wie wir alle ein leises „Wow“ auf den Lippen haben und staunen. Staunen über Worte, die so passend sind, dass man meinen könnte, sie seien für uns und unseren Weg geschrieben:

„Das Leben ist kein Sein, sondern ein Werden,
nicht eine Ruhe, sondern eine Übung.
Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber.
Es ist noch nicht getan oder geschehen,
es ist aber im Gang.
Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.“

Ich auf jeden Fall habe eine Gänsehaut – und zwar nicht, weil ich friere, sondern weil die Worte etwas in mir zum Klingen bringen. Auch jetzt noch beim Schreiben. Ich glaube, sehr viel passender kann man unsere Reise nicht zusammenfassen ❤️.

Ein Weihnachtslied im Sommer

Nach diesem emotional bewegenden Start, kommen wir dann auch körperlich in Bewegung und laufen endlich mal richtig los – gut zwei Stunden nach dem eigentlichen Aufbrechen. Ich sag ja: Gut Ding will Weile haben 😄.

Inzwischen ist es ordentlich warm und wir wissen, dieser Tag wird anstrengend. In einem kleinen Laden versorgen wir uns deshalb nicht nur mit Brot, Käse und anderen Leckereien, sondern zusätzlich auch mit einer Flasche Cola. Was mich echte Überwindung kostet, denn mir schmeckt das Getränk einfach nicht. Aber ich lasse mich überzeugen – schließlich soll ein Schluck Cola ja wahre Wunder wirken, schnell für Energie sorgen und müde Beine wieder flott machen. Na dann, schauen wir mal…

Auf dem Weg aus der Stadt heraus spricht Susanne mit mir ein Gebet für meine Freundin und ihre Familie. Wir beten um Einigkeit, Kraft und Vertrauen und ich weiß, dass ich nun alles getan habe, was ich hier und jetzt für sie tun konnte 💛. Danke Susanne für deine Unterstützung!

Auf den nächsten Kilometern müssen wir nicht nur an einer Schlange vorbei, sondern dürfen v.a. viel bergauf gehen. Sehr viel bergauf. Leichter geht das mit einer kleinen Melodie auf den Lippen – denke ich mir und habe ein Weihnachtslied im Kopf. Warum auch immer. Vielleicht wegen der vielen Kühe, die hier überall zu sehen sind. Das Lied wird für mich auf jeden Fall zu so einer Art Antriebsmelodie und in Gedanken – oder wenn gerade keiner in der Nähe ist auch mal leise laut 😉 – singe ich es vor mich hin. Dazu schwinge ich die Wanderstöcke im Takt und habe das Gefühl, viel besser voran zu kommen. Da der Text außerdem auch durchaus anspruchsvoll ist und ein gewisses Maß an Konzentration erfordert, ist kein Platz für Grübeleien – auch gut 😉😂. Hier also mein Lied-Tipp fürs Bergaufgehen:

„Eine Muh, eine Mäh,
eine Täterätätä,
eine Tute, eine Rute,
eine Hopp-hopp-hopp-hopp,
eine Diedeldadeldum,
eine Wau-wau-wau,
ratatsching-daderatabum.“

Funktioniert wirklich gut 😄.

Ein Leben in Fülle

Der Weg bietet uns heute neben den Anstiegen auch immer wieder weite Blicke über Wiesen, Felder und auf die Berge in der Ferne. Immer mal wieder laufen wir an kleinen Ansammlungen von Häusern vorbei – darunter richtig große und gut gepflegte Landhäuser.

Immer noch geht es ordentlich bergauf und ja, inzwischen kann ich Energie gut brauchen. Martina öffnet – Achtung Ironie! – die nun wunderbar vorgewärmte Colaflasche und teilt sich dieses köstliche Getränk mit Susanne und mir 😅😝. Nach ein paar Schlucken füllen wir die Flasche direkt immer wieder mit Wasser auf und so wird’s nach und nach weniger süß. Der Turboantrieb für meine Beine bleibt allerdings aus – muss wohl an der Verdünnung liegen 😉. Wesentlich mehr Energie gibt mir da die Wasserstelle, die mit einem großen Schild „Agua“ angekündigt wird. Hier hat jemand ein Herz für Pilger und hinter einer Mauer erwartet uns ein Wasserhahn, aus dem herrlich kaltes Wasser kommt. Flugs füllen wir unsere Wasserflaschen wieder auf, tränken unsere Kopfbedeckungen mit kaltem Wasser und erfrischen uns an Armen und Beinen. Tut das gut! Die nächsten Meter lassen sich so definitiv leichter gehen.

Am höchsten Punkt unserer heutigen Etappe – inzwischen sind wir fast 13 km gelaufen – breiten wir im Schatten der Bäume unser Picknick aus. Und wieder einmal denke ich mir, dass ein Leben in Fülle nichts mit Luxus zu tun hat: Ich sitze auf dem Boden, spüre unter mir die Erde und im Rücken den Stamm eines hoch gewachsenen Baumes. Es riecht nach Wald und nach frisch geschälten Orangen. Vor mir liegen auf einer Picknickdecke lauter Köstlichkeiten: Schinken, Chorizo, Käse, sogar Thunfisch und jede Menge Obst und Gemüse. Wir erlauben es uns, langsam zu sein und uns Zeit zu nehmen. Wir sind draußen unterwegs. Die Sonne scheint und Wasser haben wir auch genug. Vielleicht nicht das, was man gemeinhin unter „Luxus“ versteht – für mich aber definitiv ein Leben in Fülle!

Fünf Mal Lob am Tag

Bevor wir nach dem Essen ins Suppenkoma fallen, kramt Stefan schnell viele bunte Kärtchen aus seinem Rucksack heraus: Zeit für eine kleine Coaching-Einheit 😊. Ausgangspunkt ist die WhatsApp von heute Morgen und das Thema 5:1 – oder anders gesagt: Fünf Mal Lob am Tag. Die Formel 5:1 besagt, dass fünf positive Zeichen der Zuneigung und Wertschätzung ein negatives Verhalten ausgleichen können. Fünf Mal Lob am Tag stabilisiert Beziehungen.

Auch wir bekommen nun die Aufgabe, positive Dinge über unsere jeweiligen Sitznachbarn auf die Kärtchen zu schreiben oder zu malen. Meine beiden Nachbarn sind Maria und Martina. M & M – zwei Frauen, die so unterschiedlich sie sind, doch eines gemeinsam haben: ein ganz, ganz großes Herz. Zu beiden fallen mir ad hoc jede Menge positive Dinge ein – nur wie bringe ich diese auf die Karten? Als ich nicht fertig werde bzw. neue Karten brauche und noch mal von vorne anfange, foppt mich Stefan ein bisschen – mich und meinen Perfektionismus. Ich weiß, aber ich möchte den beiden eben auch gerecht werden 😊.

Weitergehen

Nach einer ganzen Weile packen wir die beschriebenen Karten in unsere Rucksäcke und dann geht es weiter. Zur Abwechslung mal bergab. Der Weg ist staubtrocken – zum Glück, denn die Fahrrinnen der schweren Maschinen, die das Holz aus dem Wald holen, sind deutlich zu erkennen. Wäre es feuchter, wäre der Weg wahrscheinlich eine einzige Schlammpfütze.

Inzwischen ist es richtig warm – gut über 30 Grad – und wir hoffen auf einen Bach, an dem wir uns erfrischen und noch einmal Pause machen können. Aber nichts zu machen: Der Weg ist sonnig, weit und breit kein schattiges Plätzchen für uns in Sicht. Hier und da ist zwar ein kleiner Bach zu sehen oder zu hören, aber ran kommen wir nicht.

In Goikoelexalde (die baskischen Ortsnamen sind und bleiben eine echte Herausforderung für mich) bietet uns Stefan die Möglichkeit, den Rest des Weges mit dem Bus zurückzulegen. Die letzten Kilometer bis zu unserer Unterkunft sind wohl nicht die attraktivsten: Der Weg verläuft größtenteils unmittelbar neben der Straße.
In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Eigentlich möchte ich gerne in Bewegung bleiben und weiterlaufen – ich bin doch hier, um zu gehen und ich fühle mich fit. Außerdem habe ich gar keine große Lust, in einen Bus zu steigen und die Landschaft an mir vorbeirauschen zu sehen. Mein Tempo ist ein anderes geworden. Andererseits: Ist es bei den Temperaturen vernünftig, weiterzugehen? Minute um Minute vergeht, ohne dass ich mich zu einer Entscheidung durchringen kann. Aber dann ganz plötzlich schaut mich Maria an und fragt, ob wir die Etappe gemeinsam zu Ende gehen wollen. Ja, wollen wir 😊!
Und so trennt sich hier unser kleines Pilgertrüppchen und wir beide gehen alleine weiter – nicht ohne von Martina und Susanne noch Wasser aus ihrem Vorrat bekommen zu haben. Gracias queridos 💛!

Mit jedem Schritt, den wir nun gehen, verliert die Landschaft immer mehr ihren ländlichen Charakter und es wird zunehmend städtischer: Mehr Häuser, mehr Autos, mehr Menschen. Auch die Temperaturen kommen mir höher vor, was wohl daran liegt, dass uns nicht mehr nur die Sonne von oben wärmt, sondern der Asphalt die gespeicherte Wärme auch noch von unten an uns abgibt. Der kühlende Effekt der Natur fehlt. Da der Weg aber keine Steigungen mehr aufweist, kommen wir trotzdem gut voran.

In Larrabetzu machen wir eine kleine Pause vor einer Bar: Für mich gibt’s ein alkoholfreies Bier, für Maria einen Kaffee – Erfrischung und Energiezufuhr zugleich. Halb fünf ist es inzwischen und das Thermometer auf dem Platz neben der Bar zeigt immer noch 35 Grad an. Kleine Erinnerung für mich: Auch wenn wir im Norden Spaniens sind, sind wir doch im Süden 😎.

Unser nächstes Ziel heißt nun nur noch „Ankommen“ und so nehmen wir schnellen Schrittes die letzten Kilometer für heute in Angriff. Größtenteils führt der Weg entlang einer gut befahrenen Straße und immer wieder sind in den Asphalt oder das Pflaster die gelben Pfeile und die Jakobsmuscheln eingelassen. Verlaufen kann man sich hier nun wirklich nicht. Da wir uns nun auf nichts weiter konzentrieren müssen, als einen Schritt nach dem anderen zu gehen, haben wir ausreichend Zeit zu quatschen. Ich genieße es, mich mal ganz ausführlich und in aller Ruhe mit Maria zu unterhalten und unsere Themen sind so bunt und vielfältig wie das Leben.

Zwei Duschen zum Genießen

In Zamudio schließlich finden wir schnell unsere Unterkunft und diese ist so wunderschön und ländlich, dass wir gar nicht glauben können, nur einen Katzensprung von der großen Straße nach Bilbao entfernt zu sein.
Ein Blick auf mein Handy sagt mir, dass wir heute insgesamt 25 km gelaufen sind und – dank ausgiebiger Pausen – über 10 Stunden unterwegs waren. Wow – ein anstrengender Tag, aber auch ein Tag, der eine ganz tiefe Zufriedenheit in mich gelegt hat.

Während die anderen fürs Abendessen einkaufen gehen, können Maria und ich uns frisch machen und ich freue mich wie ein kleines Kind auf die Dusche. Es gibt doch (fast 😉) nichts Schöneres als eine erfrischende Dusche nach einem anstrengenden Wandertag. Und wenn man dann noch frische Klamotten anziehen kann und ein kühles Bier auf einen wartet… Herrlich – ich fühle mich wie neugeboren😊!

Wie nicht anders zu erwarten, war die Einkaufsmission erfolgreich und so decken wir im Foyer unseres Gästehauses den Tisch fürs Abendessen und lassen uns die diversen Köstlichkeiten schmecken. Es ist alles da, was wir brauchen und mal wieder genießen wir es, zusammen zu essen, zu reden und zu lachen.

Irgendwann an diesem Abend – vor, während oder nach dem Essen, ich weiß es gar nicht mehr – lässt uns Stefan noch unsere Lobkärtchen hervorholen und wir dürfen unsere Worte der Wertschätzung dem jeweils anderen mitteilen. Es ist ein sehr bewegender Moment: Jeweils zwei Menschen sitzen sich gegenüber und haben sich etwas zu sagen. Alle fünf sind wir offensichtlich Menschen, denen es sehr, sehr leicht fällt, positive Dinge an anderen festzustellen und diese auch zu äußern. Aus jedem Wort höre ich so viel Wertschätzung heraus, dass mir eine Gänsehaut nach der anderen den Rücken herunterläuft. Auch ich selbst darf mich unter diese Dusche der schönen Worte stellen und ja, das ist die zweite Dusche heute, die ich ausgiebig genieße!! Danke Martina, danke Maria für eure lieben Worte – auch diese kommen in mein Schatzkästchen der Erinnerungen.

Nach allem, was heute war und ist, steht das Motto unseres Weges für mich nun ganz eindeutig fest:

Ich. Du. Wir.
Fühlen. Tun. Sein.