🎵🎶 Die lauten und die leisen Töne 🎵🎶
Von laut auf leise umstellen – das geht bei meinem Klavier nun ganz einfach. Flugs den Hebel umgelegt und schon senkt sich der „Moderator“ (ein Filzstreifen) zwischen Saiten und Hammer. Aus laut wird leise. Oder andersrum: Aus leise wird laut.
Wie einfach das ist, das stimmt mich nachdenklich und löst eine wahre Gedankenflut über die lauten und die leisen Töne das Lebens in mir aus.
Auf mich üben vor allem die leisen Töne eine besondere Magie aus: Ich liebe es zum Beispiel, wenn im Winter der Schnee beim Gehen unter den Füßen knirscht. Ich mag das leise Knistern des Milchschaums auf dem Kaffee. Ich mag es, wenn der Regen sanft auf das Dach des Wohnmobils fällt und wenn sich ein Bach fröhlich murmelnd seinen Weg bahnt. Auch in der Musik sind es oft die leisen Töne, die mein Herz ganz besonders berühren. Die eine Saite in mir zum Klingen bringen. (Ok: manchmal drehe ich diese leisen Töne dann auch ganz laut 😉.)
Und die lauten Töne? Ich gebe es zu: die lauten Töne sind oft nicht meine Welt. Ich fühle mich nicht wohl, wenn es zu laut um mich herum wird. Wenn ich im Wirrwarr der Stimmen dem Einzelnen nicht mehr folgen kann. Nie werde wohl ich diejenige sein, die im Stile eines Alleinunterhalters eine Gruppe unterhält. Muss ich aber auch gar nicht! Das weiß ich heute… aber es war ein langer Weg bis zu dieser Erkenntnis. Lange habe ich mich gefragt, ob mich überhaupt irgendjemand sieht und hört und hätte mir in diesen Situationen einen „Moderator“ gewünscht, um den Hebel von leise auf laut zu stellen. Warum sind die anderen immer schlagfertiger, witziger, redegewandter oder einfach nur lauter? Warum gelingt es ihnen so scheinbar einfach und mühelos, gesehen und gehört und zum strahlenden Mittelpunkt zu werden? Ist da noch Raum und Wertschätzung für all diejenigen, die mit leisen Tönen sprechen? Fragen, die mich oft genug dazu bewegt haben, mich enttäuscht zurückzuziehen. Und auch heute noch falle ich manchmal in dieses alte Muster zurück.
Aber: inzwischen habe ich verstanden, dass wir alle unseren eigenen, unverwechselbaren Ton zum großen, vielstimmigen Konzert des Lebens beisteuern. Und mein Ton ist eben ein leiser Ton. Ein Ton, der – wäre er nicht da – fehlen würde. Ohne ihn wäre der Klang nicht vollständig, würde die Melodie „verklingen“.